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Wolfgang Who?

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Einleitung

Wer war Wolfgang Heimbach?

Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
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Der gehörlose Künstler Wolfgang Heimbach zählt zu den bedeutendsten norddeutschen Malern des 17. Jahrhunderts. Dennoch ist über ihn nur wenig bekannt und sein Werk geriet in Vergessenheit.

Die Ausstellung Wolfgang Heimbach - Ungehört entdeckt den Künstler wieder und zeigt erstmals einen Überblick über das Gesamtwerk Heimbachs. Die Schau versammelt rund 40 Werke aus allen Schaffensphasen, darunter hochkarätige Leihgaben aus dem In- und Ausland.

Wer war der Mann, über den so wenig bekannnt ist? Wie gelang es ihm, die Reichen und Mächtigen seiner Zeit als Auftraggeber zu gewinnen? Wie hat die Gehörlosigkeit sein Leben und Arbeiten beeinflusst?

Diese Seite lädt dazu ein, Wolfgang Heimbach - sein Leben und seine Kunst - kennenzulernen.
Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
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Behind The Scenes

Für die Ausstellung  Wolfgang Heimbach – Ungehört sind 34 Werke von Museen aus dem In- und Ausland und aus Privatbesitz nach Oldenburg gereist – eine logistische Herausforderung! Was gilt es da zu beachten?
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Restauratorin Bianca May koordiniert das Ankommen und Auspacken der wertvollen Leihgaben. Dabei kommt sie den Gemälden so nah wie niemand sonst!
Im Interview erklärt sie, wie der Leihverkehr abläuft und welche Maßnahmen zum Schutz der Kunst notwendig sind.
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Wolfgang Who?

Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
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Wir wissen nur wenig über das Leben Wolfgang Heimbachs. Er wurde vermutlich um 1613 in Ovelgönne bei Oldenburg geboren. Sein Vater war Frucht- und Kornschreiber am Oldenburger Hof, eine hoch angesehen Tätigkeit.
Ob Heimbach von Geburt an gehörlos war, ist unbekannt. Aufgrund seiner privilegierten Herkunft lernte er jedoch früh lesen, schreiben und das Lippenlesen, was eine Verständigung möglich machte.

Der Oldenburger Großherzog Anton Günther erkannte das künstlerische Talent des Sohnes seines Kornschreibers und förderte Heimbachs Ausbildung zum Maler. Vermutlich ab etwa 1630 wurde der damals 17-Jährige – dank seines höfischen Förderers – in den Niederlanden, dem damaligen Zentrum der europäischen Malerei, geschult. 
Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
Wolfgang Heimbach Selbstbildnis, 1660, LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster Foto Hanna Neander
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Wolfgangs Lebenensstationen
Wolfgangs Lebenensstationen
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Wolfgang Heimbach blieb dem Großherzog stets verbunden, auch wenn sein Lebensweg ihn erst einmal durch ganz Europa führen sollte: Neapel, Rom, Florenz, Böhmen, Prag, Nürnberg, Brüssel, Dänemark, Oldenburg, Münsterland und Osnabrück zählen zu seinen Reisestationen. Heimbachs „Europatour“ mag auf den ersten Blick reizvoll erscheinen, war im Spätmittelalter aber alles andere als ein Vergnügen: Da die Auftragslage wegen des 30jährigen Krieges mau war, waren die Künstler*innen der Zeit gezwungen zu reisen, um Auftraggeber zu finden und den Lebensunterhalt zu sichern.

Heimbach konnte immer wieder einflussreiche Auftraggeber von seinem Talent überzeugen. Die Liste ist lang und liest sich wie das Who is Who der Reichen und Mächtigen seiner Zeit: die Medici, Fürst Piccolomini oder Papst Innozenz X, um nur einige zu nennen. Auch als Hofmaler machte Heimbach sich einen Namen. Für den dänischen König Frederik III. war er neun Jahre lang als Genremaler tätig.




Wolfgangs Lebenensstationen
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Wolfgang Heimbach, Bildnisminiatur des Grafen Anton Günther von Oldenburg, 1664, Landesmuseum Oldenburg
Wolfgang Heimbach, Bildnisminiatur des Grafen Anton Günther von Oldenburg, 1664, Landesmuseum Oldenburg
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Nach seiner Anstellung in Dänemark kehrte Heimbach 1652 nach Oldenburg zurück und arbeitete für seinen ehemaligen Förderer Anton Günther. Der Großherzog hatte seinen Kleinstaat durch geschickte Diplomatie, Neutralität und eine Pferdezucht für die Artillerie gut durch den 30jährigen Krieg gebracht.

Nach dem Tod Graf Anton Günthers im Jahr 1667 hatte sich Heimbach erneut auf die Suche nach einem Auftraggeber machen müssen. Bei Fürstbischof von Galen fand er um 1670 eine Anstellung und schuf in knapp zweieinhalb Jahren am Münsteraner Hof Dutzende von Gemälden.

Weitere Tätigkeiten Wolfgang Heimbachs sind noch bis 1675 in Münster und Coesfeld sowie 1678 am Osnabrücker Hof belegt, danach verliert sich seine Spur. Neueste Forschungen konnten hier nun endlich Aufschluss bringen: In einem Kirchenbuch aus Osnabrück findet sich unter dem 1. Mai 1679 ein Eintrag zur Beisetzung Wolfgang Heimbachs.  
Wolfgang Heimbach, Bildnisminiatur des Grafen Anton Günther von Oldenburg, 1664, Landesmuseum Oldenburg
Wolfgang Heimbach, Bildnisminiatur des Grafen Anton Günther von Oldenburg, 1664, Landesmuseum Oldenburg
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Ungehörtes Talent

Wolfgang Heimbach stellt uns vor viele Rätsel.
Historische Quellen bezeichnen den Maler als „von Geburt an taub und stumm“.
Wie schaffte er es, sich als erfolgreicher Maler zu etablieren – in einer Zeit, in der eine Behinderung als Strafe Gottes galt?
Nicht selten bedeutete eine körperliche Einschränkung, dass man von der Gesellschaft ausgegrenzt wurde, keinen Zugang zu Bildung hatte oder sogar einen frühen Tod.
Wie konnte Heimbach das beschwerliche Reisen im 17. Jahrhundert – als die Kommunikationsmöglichkeiten begrenzt waren – bewältigen?

Heimbachs privilegierte Herkunft dürfte sein Leben sicher maßgeblich erleichtert haben. So lernte er früh lesen und schreiben. Außerdem belegen Schriftstücke, dass er neben Deutsch auch Latein und Italienisch beherrschte. Wir gehen heute davon aus, dass er einen Reisebegleiter hatte, der die Kommunikation für ihn übernahm. Nicht ausgeschlossen ist, dass er ein Resthörvermögen hatte oder erst in seiner frühen Kindheit gehörlos wurde.

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Wie steht es um die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten für gehörlose Menschen? Darüber haben wir mit Ulla Bartels, die seit frühester Kindheit hörbeeinträchtigt ist, gesprochen.
Heute trägt sie ein Cochlea-Implantat. Ulla Bartels ist Dozentin für deutsche Gebärdensprache und bietet Stadtführungen in DGS an.
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Welche Hürden gibt es heute im Alltag von gehörlosen Menschen?
,,Kommunikationsbarrieren sind weiterhin vorhanden. Gebärdensprachdol-metscher sind auch heute keine Selbstverständlichkeit! Es gibt nur wenige von ihnen, weshalb sie oft lange im Voraus angefragt werden müssen. Guthörende können spontan zu Veranstaltungen gehen, wir Gehörlose müssen vorher erstmal anfragen, ob eine Übersetzung in DGS stattfindet. Das Telefonieren ist für Guthörende selbstverständlich, für Gehörlose stellt es häufig eine unüberwindbare Hürde im Alltag dar. Von Behördenkontakten über Bankgeschäfte bis zur Teilnahme an Gewinnspielen - überall muss man reden, häufig übers Telefon. Manche Sachen kann ich schriftlich erledigen, aber vieles geht nur telefonisch. Es gibt seit ein paar Jahren auch Vermittlungsdienste am Telefon, die sind aber kostenpflichtig. Das kann sich nicht jeder leisten.''

Was können Hörende tun, um auf Gehörlose zuzugehen?
,,Als tauber Mensch muss ich zu Guthörenden immer offen sein und direkt auf sie zugehen. Guthörende sollten keine Berührungsangst haben und den Augenkontakt suchen, dann funktioniert auch die Kommunikation miteinander. Für Gehörlose gibt es bisher wenig Unterstützung und Verständnis von Seiten der Menschen, die hören können, weil diese sich da nicht hineinversetzen können. Das auszugleichen kostet jeden Tag viel Kraft. Mit mehr Empathie für Gehörlose wäre es nicht so schwer, einen gemeinsamen Kommunikationsweg zu finden.''

Wie kann ich als Hörender mit einem Gehörlosen kommunizieren, wenn ich keine Gebärdensprache kann?
,,Guthörende können sich durch ein Winken oder Antippen auf die Schulter bemerkbar machen, denn der Blickkontakt ist sehr wichtig. Dann mit deutlicher Mimik, einfachen Worten, kurzen Sätzen sprechen. Bitte niemals von hinten ansprechen!
Eine weitere Möglichkeit ist, sich zur Not schriftlich zu unterhalten, wenn es über das Lippenlesen nicht möglich ist. Bei größeren Veranstaltungen wären aber Gebärdensprachdolmetscher wichtig.''

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Wie haben Sie die Corona-Pandemie erlebt? War die Kommunikation im Alltag schwieriger?
,,Gerade die Coronapandemie und der vorgeschriebene Mundschutz, der das Lippenlesen unmöglich gemacht hat, hat die Kommunikation zusätzlich erschwert. Es gab viel Ärger, wenn man Fragen hinter der Maske nicht gleich verstanden hat. Man galt schnell als unhöflich. Die Niedersächsische Verordnung hätte hier toleranter sein müssen. Zum Beispiel hätte man mit transparenten Visieren eine große Erleichterung bei der Kommunikation schaffen können.''

Welche Fortschritte haben neue Technologien gebracht?
,,Da seit etwa 25 Jahren gehörlosen Neugeborenen eine Hörprothese eingesetzt wird, das sogenannte Cochlea-Implantat, glauben viele, dass Gehörlose dadurch normal hören können. Man kann aber nie sicher vorhersagen, wie genau man am Ende mit dem Implantat hören kann.
Dennoch bedeutet das Cochlea-Implantat eine große Lebensverbesserung, auch, wenn es nach wie vor Kommunikationsbarrieren gibt. Da ist das zusätzliche Erlernen der Gebärdensprache sehr hilfreich.
Auch mit technischen Hilfsmitteln und durch die Digitalisierung kann man sich heute schneller und leichter austauschen. Vom Schreibtelefon über das Fax bin hin zu PC und Smartphone: Die technische Entwicklung hat viele Gehörlose unab-hängiger und selbstbewusster gemacht. Besonders beliebt sind WhatsApp, Skype und Facebook.''

Was wünschen Sie sich für Fortschritte für die Zukunft?
,,Ich wünsche mir, dass die Ziele zur Inklusion von Gehörlosen und hörbeeinträchtigten Menschen wirklich umgesetzt werden und dass nicht nur darüber geredet wird. Für Gehörlose bedeutet Inklusion vor allem Barrierefreiheit, Chancengleichheit, Gleichberechtigte Teilhabe und Selbstbestimmung!
Es ist auch heute noch nicht für jeden Gehörlosen möglich eine höhere Schulbildung zu erreichen. Nicht jeder Berufs- oder Studienwunsch wird ermöglicht. Nicht alle Fernsehsendungen oder Kinofilme werden untertitelt. Ein VHS-Kurs oder ein Theaterbesuch sind nicht einfach mal spontan möglich. Da gibt es noch viel Verbesserungsbedarf!''

Der gehörlose Künstler Wolfgang Heimbach konnte gleich mehrere Fremdsprachen. Können Sie sich vorstellen, wie er diese erlernt hat?
,,Wir Gehörlosen haben beim Besuch der Wolfgang Heimbach-Ausstellung darüber diskutiert, ob Heimbach wirklich vollständig gehörlos war. Denn zur damaligen Zeit gab es kaum Untersuchungsmöglichkeiten, wie z. B. einen Hörtest. Wir haben sehr gestaunt, dass Wolfgang Heimbach mehrere Fremdsprachen gelernt hat. Denn als Gehörloser ist es sehr schwer, Sprachen zu verstehen und vom Mund kann man auch nur circa 30% der Sprache wirklich absehen, da ja nicht alles so genau ausgesprochen wird und auch verschieden betont wird. Wir vermuten, dass Wolfgang Heimbach möglicherweise noch ein Restgehör besaß und vielleicht an Taubheit grenzend schwerhörig war. Vorstellbar wäre auch, dass er durch das Restgehör und die Schriftsprache die verschiedenen Sprachen gelernt hat.''


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Heimbachs Kunst

Wolfgang Heimbach zählt zu den bedeutendsten norddeutschen Malern seiner Zeit. Was macht seine Kunst aus? Wie beeinflusste die Gehörlosigkeit seine Bildwelten? Im letzten Kapitel unserer Heimbach-Story widmen wir uns der Kunst Heimbachs und beleuchten mit Expert*innen seine Werke.
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Wolfgang Heimbach brillierte vor allem im Kleinen. Noch zu Lebzeiten galt er als Meister der Feinmalerei. Die Köpfe seiner Protagonist*innen sind oft gerade einmal daumengroß und dennoch überzeugen sie bis ins kleinste Detail durch Mimik und Gestik. Auch die Pracht der minutiös dargestellten Gewänder ließ Heimbachs Zeitgenoss*innen staunen. Man kann die Beschaffenheit des Stoffes beim Betrachten regelrecht fühlen! Die Miniaturen gehören zu Wolfgang Heimbachs Paradestücken. Dieses Portrait zeigt den am 15. September 1644 zum Papst gewählten Innozenz X., Giovanni Battista Pamphilj (1574–1655). Bemerken Sie das fein gemalte Gesicht des Kirchenoberhaupts und die Akkuratesse, mit der der Stoff ausgeführt ist?
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